12.09.2014

Album Review | ARION - Last Of Us

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Erscheinungsdatum: 22. August 2014
Genre: Melodic Metal/Symphonic Power Metal

Nach so langer Warterei ist "Last Of Us" endlich auch für Deutschland zum Stream verfügbar und es ist mir gerade auch egal, dass ich mitten in der Nacht mein schon lange geplantes Review tippe, denn darauf warte ich schon seit gefühlten Wochen.
Ich werde euch alle gleich mal abwürgen, denn dieses Mal freue ich mich nicht darauf, das erbärmliche Debütalbum einer ganz jungen Band durch den Dreck zu ziehen, sondern zu loben. Denn Arion verdienen es nur, gelobt zu werden für das, was sie tun. Ich habe es so gut wie noch nie erlebt, dass eine Band, die neu in der Metal-Szene ist, schon mit ihrem Debütalbum so gut überzeugen kann. Das Genre Symphonic Power Metal mit progressivem Einschlag ist nicht gerade neu und kann ganz schnell mal ausgelutscht klingen. Nicht diesmal.

Arion wissen also auf jeden Fall, was Abwechslung bedeutet und schmeißen trotzdem nicht alles in einen Topf und hoffen darauf, dass es schon klappen wird. Sie haben eine Ahnung davon, was es heißt, Songs zu strukturieren, Soli einzubauen und immer präsent zu klingen. "Last Of Us" ist mit Sicherheit das Produkt harter Arbeit und jahrelanger Übung. Jeder Song klingt schlichtweg vollendet. Nichts scheint zu fehlen und alles ist dort, wo es hingehört. Und das ist verdammt selten, selbst bei erfahrenen Bands.
Drummer Topias Kupiainen und Bassist Gege Velinov geben der Musik den richtigen Groove, während Gitarrist Iivo Kaipainen wie ein ganz Großer sein Instrument spielt. Arttu Vauhkonen verleiht dem Metal mit seinen Keyboards ein melodisches Sahnehäubchen und glänzt sowohl bei seinen virtuosen Pianosoli als auch bei modern angehauchten Melodien und Harmonien. Nicht zuletzt sind die Fähigkeiten des Sängers Viljami Holopainen mehr als erwähnenswert. Als Vokalist hat er eine glänzende Zukunft vor sich. Schon auf dem Debütalbum Arions zeigt er sein zweieinhalb Oktaven-Gesangsrepertoire vom tiefsten Ton D3 auf "Watching You Fall" bis zu seinem höchsten, im Falsett gesungenen A5 beim Ending von "Out Of The Ashes" und setzt dieses um in sanften und zerbrechlich klingenden Gesang ("You're My Melody") bis zu kraftvollem Belting ("Seven" bis D5) und aggressiven, teilweise geschrienen Vocals ("Watching You Fall, Screams bis Gb5!").
Es ist Wahnsinn, was diese Jungs mit ihren nicht mal 20 Jahren können. Ich sehe meinen Freunden im selben Alter dabei zu, wie sie kläglich Rocksongs covern und Arion rocken, als hätten sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan. Denen fließt wohl Stahl durch die Venen oder so.

Obwohl die zehn Songs auf "Last Of Us" im gleichen Stil sind, ähnelt keiner dem anderen. Schnelle und langsamere Songs wechseln sich optimal ab. Genretechnisch ist das Album bunt gemischt. Mal ist imposantes Orchester und viel Power Metal zu hören, wie es in "Out Of The Ashes" der Fall ist, worauf die Jungs mit einem moderneren Song wie "Shadows" überzeugen, auf dem der Fokus auf Keyboards und Gesang gelegt wurde. "Seven" wurde als Singleauskopplung veröffentlicht und ist einer der am meisten mitreißenden Songs des Albums. "Last Of Us" ist ein besonders gefühlvoller Mid-Tempo-Song und eins der Highlights des Albums. Ihre progressive Seite zeigen die Finnen mit "I Am The Storm" ein messerscharfer Song mit intensiven Gitarren- und Keyboardsoli und Tempowechseln.
So viele Bands schmeißen lieblose Balladen auf ihr Album, nur damit sie sagen können "Hey, wir haben auch gefühlvolle Songs!". Die einzige Ballade des Albums heißt "You're My Melody", lässt mein Herz butterweich werden und zeigt, dass die Band selbst langsame Songs zu Hymnen machen kann. Die Jungs lassen nach knappen sechs Minuten Träumerei nichts anbrennen und kommen gleich mit dem nächsten Kracher um die Ecke: "Burn Your Ship" ist ein recht geradliniger Song mit verblüffendem Gesang und einem ausgiebigen instrumentalen Mittelteil. "Lost" ist einer der ersten Songs, den Arion für das Album geschrieben haben. Er klang schon als Demoversion für die Kandidatur beim ESC 2013 magisch und hatte etwas in mir gerührt - als Albumversion wurde er mit Chor und Orchester aufgewertet und nun ist "Lost" einer der ruhigeren und doch auch einer der epischsten und intensivsten Songs des Albums.
Das Finale von "Last Of Us" ist so, wie man es von einem guten Album erwartet. Es legt dem ganzen die Krone auf und zeigt die Band, wie sie in Erinnerung bleiben soll, macht aber auch gleichzeitig Laune auf mehr. "Watching You Fall" ist ein kraftvoller Song und überrascht durch relativ aggressiven Gesang.

Die Metal-Szene hat genau so eine Band gebraucht. Die alten Hasen des Metals sind nach wie vor der Meinung, dass alle 2010er-Bands nichts als Djent-Riffs und Geschrei im Repertoire haben. Die finnische Band fühlt sich wie eine frische Brise an, die den Staub vom etwas unveränderten Subgenre Melodic Power Metal wegweht, mit Selbstbewusstsein, Gefühl und Können an die Sache herangeht und dabei durch ihren Sound die neue Generation des Metals vertritt.
Trotzdem soll diese Lobrede die Jungs natürlich nicht davon abbringen, weiterhin hart zu arbeiten. Ich bin gespannt, wie es in ein paar Jahren mit Arion aussehen wird - meiner Meinung nach könnten sie es mit diesem Tempo ganz locker schaffen, die nächsten skandinavischen Metal-Giganten zu werden.

Mein Interview mit Keyboarder Arttu Vauhkonen hier anhören.

Wertung: 9/10
Highlights: Shadows, Last Of Us, Lost, Watching You Fall

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