Dass die Musikindustrie seit der Digitalisierung unserer kompletten Welt ungewollt hinterherhinkt, dürfte mittlerweile bekannt sein.
Für den weltweiten Musikmarkt sah es 2014 nach wie vor nicht rosig aus: Der Umsatz aus digitalen und physischen Musikverkäufen ging um 3,9 % zurück, obwohl sich der europäische Markt leicht stabilisiert hatte. Im Jahr 2013 konnte die europäische Musikindustrie nach geschlagenen zwölf Jahren endlich wieder schwarze Zahlen schreiben: Ein minimaler, fast lächerlicher Umsatzwachstum von 0,6 % wurde erreicht. Der japanische Musikmarkt, der 20 Prozent der 'Umsätze des Weltmarktes ausmacht, war 2014 allerdings stark rückläufig.
Die bloßen Zahlen sagen uns zwar klar, dass Erfolg etwas anderes ist, jedoch ist die ganze Musikindustrie dabei, ihre Struktur entscheidend zu verändern. Sie bezieht ihren Umsatz nun aus verschiedenen Quellen. Ein Grund dafür ist, dass der Vertrieb von Tonträgern keinen Monopolstatus mehr genießt. Auch psychologische Faktoren tragen dazu bei, dass es zunehmend schwieriger wird, als Erwerbstätiger in der Musikbranche Profit aus einer Tätigkeit in diesem Bereich zu ziehen.
Eine Sache ist seit 2014 klarer denn je: Die Tage der großen Megastars sind vorbei. Nach Acts wie Metallica oder AC/DC wird es wahrscheinlich keinen Künstler mehr geben, der auf die gleiche Art und Weise erfolgreich werden wird. Hier sprechen wieder die Zahlen für sich: In 2014 hat kein einziges Album den Platin-Status erreicht, noch dazu sind die drei bestverkauften Alben im Jahr 2013 erschienen: Platz eins weltweit belegt Beyoncé mit rund 780.000 verkauften Tonträgern ihres selbst betitelten Albums. Die Statistiken zeigen also deutlich, dass die Zeiten, in denen Künstler Millionen an Tonträgern verkauften, vorüber sind.
Die Verkaufszahlen verraten außerdem noch eins: Popmusik wird vermehrt zur Marktlücke - nicht in dem Sinne, dass es an Hörern fehlen würde - sondern dadurch, dass die Musikverkäufe, die aus diesem Genre stammen, immer weniger rentabel werden. Die besagte Sängerin Beyoncé verkauft knappe 800.000, größere Metal-Acts wie Lamb Of God oder Killswitch Engage zwischen 250.000 bis 350.000 Tonträger - das legendäre Album "The End Of Heartache" der letzteren verkaufte sich sogar allein in den USA über 500.000 Mal.
Nach der Zeit der Megastars und des Pop als größten Anteil des Musikmarktes neigt sich nun auch die Zeit der Downloads dem Ende zu, denn die Verkaufszahlen von digitalen Tonträgern sind im Allgemeinen um einen Fünftel gesunken. Hier wird klar, dass Downloads lediglich die CD-Ära und die Streaming-Ära überbrückten.
Immerhin gibt es Hoffnung, was die Verkäufe von Vinyl-Tonträgern betrifft, wenn auch nur eine sehr kleine: Diese nahmen letztes Jahr um 47,5 % zu. So gut, wie das klingen mag, so stellen Vinylverkäufe allerdings gerade einmal 0,02% des Gesamtumsatzes dar und sprechen außerdem nur bestimmte Zielgruppen, wie beispielsweise Tonträgersammler, an.
Warum sich das bisherige Geschäftsmodell der Musikindustrie im Gegensatz zu früher aus heutiger Sicht kein lukratives Geschäft mehr darstellt, liegt auf der Hand: Erstens ist das Problem der Musik-Piraterie im Allgemeinen bekannt. Leider kann man die Menschen nicht davon abhalten, Musik illegal herunterzuladen - in dieser Hinsicht müsste man psychologisch vorgehen und den Wert von Musik der Masse klarmachen, und das geschieht nicht von heute auf morgen.
Ein eher neuartiges Phänomen ist das Streaming: Dadurch hat man die Möglichkeit, völlig legal Musik zu hören und muss dafür nichts oder nur einen kleinen Bruchteil des Download-Preises bezahlen. Außerdem bieten Streaming-Programme wie Spotify, Deezer usw. gegenüber physischen Musiksammlungen die Möglichkeit, gespeicherte Musik bequem nach persönlichen Vorlieben zu verwalten und dadurch mit relativ niedrigem Aufwand eine solide digitale Musiksammlung aufzubauen - dies wieder für einen sehr kleinen Bruchteil des Preises und des Aufwandes, den man für eine gut ausgebaute physische Musiksammlung ausgeben und betreiben würde.
Das Konzept des Streaming ist sogar so beliebt geworden, dass Plattenfirmen und PR-Agenturen verstärkt auf YouTube als Streaming-Plattform zugreifen. YouTube hat in dem Sinne den Vorteil, dass man als Urheber und somit legaler Anbieter die hochgeladene Musik durch Klicks und das Schalten von Werbung vor und während den Videos effektiv zu Geld machen kann. Das Label Sumerian Records stellt sogar vollständige Alben seiner Künstler auf YouTube zur Verfügung.
Schließlich kann man die Entwicklung der Musikbranche sehen, wie man möchte. Einerseits ist sie von dem, was man von früher kennt, weit entfernt, andererseits ist es heutzutage leichter denn je, als aufstrebender Künstler seine Musik mit der Welt zu teilen und als Konsument genauso einfach, an neue Musik zu kommen.
Vor allem Indie-Labels profitieren von der Entwicklung und vom Streaming. Der Anteil der unabhängigen Labels am gesamten Markt ist 2014 um 13,7 % gestiegen - nicht allen tut die Entwicklung weh. Wer heutzutage unabhängig Musik produzieren, veröffentlichen, live spielen und davon leben will, hat es heute am einfachsten.
In Zeiten wie diesen sehnen sich vor allem Musiker nach Früher, als Musiker Sein ab einem gewissen Grad an Bekanntheit einen stressfreien Job darstellte. Nun ist es harte Arbeit - das ganze Jahr lang. Bands touren so lange und oft es geht, um sich und ihre Familien auch nach der ersten Verkaufswoche ihres neuen Albums übers Wasser halten zu können. Das Wichtigste als Musiker heutzutage ist, verschiedene Einnahmequellen zu haben, aus denen man summiert ein vernünftiges Gehalt beziehen kann. Um dies zu erreichen, geben Musiker Unterrichtsstunden zwischendurch und während ihren Touren, verkaufen Merchandise auf ihren Shows und viel mehr.
Es ist keine Sache der Unmöglichkeit, so seinen Lebensunterhalt zu bestreiten: Gitarristen wie Misha Mansoor (Periphery) oder Ola Englund (The Haunted) haben mit Songs angefangen, die sie ins Netz stellten. Die Internetgemeinde reagierte positiv darauf und es folgte immer mehr Material, dann Alben, Live-Shows und viel mehr - jetzt gehören sie zu den Großen.
Es ist an der Zeit, dass man von der Idee der Musikindustrie des 20. Jahrhunderts loslässt, denn sie ist nichts mehr als eine utopische Vorstellung. Es ist genauso an der Zeit, dass man lernt, mit dem neuen Markt umzugehen, und es ist machbar. Man kann sich an all den Fakten festhalten und sich 40 Jahre früher in die Musikgeschichte wünschen oder die aktuellen strukturellen Veränderungen als Chance sehen, egal, ob man Konsument, Plattenfirma oder Künstler ist.
Musik ist etwas, was es immer geben wird. Deswegen gilt es, während den nächsten Jahren dafür zu kämpfen, die Musikbranche, so verändert, wie sie ist, am Leben zu halten - damit Musik aus der Sicht aller Parteien eine Freude bleibt.
Hinweis: Man könnte sagen, dass wir uns in 2015 von der Idee, dass die Musikindustrie tot ist, langsam verabschieden und uns fragen, warum, anfangen, Lösungen zu finden und zu diskutieren. Eine meiner Meinung nach sehr realistische Strategie, um Streaming für Musiker profitabel zu machen, hat die Website Startup Musician veröffentlicht, mit der ihr euch hier vertraut machen könnt.
Quellen:
www.metalsucks.net
www.tyrannyoftradition.com
www.forbes.com
www.geargods.net
www.bandscomeback.com
Bilder: www.picjumbo.com
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