22.11.2014

Album Review | NE OBLIVISCARIS - Citadel

Erscheinungsdatum: 7. November 2014
Genre: Progressive Metal

Die Modern Progressive-Szene wächst beachtlich: In den letzten Jahren haben sich einige Bands gegründet, die meiner Meinung nach die Zukunft des Metal darstellen. Ich spreche von Bands wie Periphery, The Contortionist oder Animals As Leaders - und heute möchte ich euch eine weitere vorstellen. Die australische Band Ne Obliviscaris existiert schon seit 2003 und hat diesen Monat ihr Zweitwerk "Citadel" veröffentlicht. Ihr Stil stellt eine delikate Mischung aus Progressive Metal, Extreme Metal, Avant-Garde und Jazz dar. Ein großer Bestandteil ihrer Musik ist der im Wechsel eingesetzte gutturale und klare Gesang und der Einsatz der Geige als vollwertiges, im Vordergrund stehendes Instrument.
"Citadel" ist bei Season Of Mist, Ne Obliviscaris' neuem Label, veröffentlicht worden und klingt im Vergleich zum Debüt "Portals Of I" noch intensiver.
"Portals Of I" war dennoch ein überdurchschnittlich starkes Debüt. Mit "Citadel" haben die Australier allerdings ihre Richtung gefunden und ihre Musik spiegelt ihre gewonnene Sicherheit wider.

Der Opener "Painters Of The Temptest, Pt. 1 - Wyrmholes" packt den Hörer durch Originalität und Ambiente. Das verzerrte Geigenspiel, dass sich fast aggressiv aufbaut, sorgt für Vorfreude auf die nächsten 45 Minuten. Der zweite Song der dreiteiligen "Painters Of The Tempest"-Reihe beginnt auf der einen Seite progressiv und auf der anderen Seite sehr extrem durch Blastbeats und gutturalen Gesang, was bald wieder durch Melodie ausgeglichen wird. Spätestens, wenn die im Kontrast zum Intro wunderbar melodische Geigenmelodie auf dem 16-minütigen "Triptych Lux" einsetzt, ist garantiert Gänsehaut angesagt. Mit dem dritten und letzten Teil der Reihe, "Reveries From The Stained Glass Womb" genannt, legen Ne Obliviscaris ein weiteres, rein instrumentales und gelungenes Stück hin, auf dem ein Latin-angehauchtes Duett zwischen akustischer Gitarre und Geige zu hören ist. Der Nachfolger "Pyrrhic" ist rhythmisch gesehen ein sehr schöner Track. Die zweite und letzte Reihe "Devour Me, Colossus" enthält zwei Parts, den vollwertigen Song "Blackholes" und das Ending "Contortions". Wie gehabt fließen die Tracks ineinander. "Blackholes" ist sehr progressiv und dennoch ausgeglichen, während "Contortions" nach demselben Konzept wie das Intro konzipiert ist und das Album perfekt abschließt, jedoch ein offenes Ende lässt.

Growler Xenoyr lässt sich recht gut anhören, aber er konnte mich, zumindest noch, nicht zu hundert Prozent packen. Das Gefühl, das durch das Geigenspiel über das ganze Album hinweg vermittelt wird, ist allerdings massiv, stellenweise fast überwältigend - es gleicht sich also alles wieder aus. Es ist manchmal sogar weniger entscheidend, dass Geigenspieler Tim Charles die Melodien richtig spielt - die mit Absicht verzerrt, dissonant gespielten Töne geben der Musik das besondere Etwas und eine ungeheure Spannung. Sein Klargesang hat ebenso Ausdruck und Seele und sein Stimmvolumen ist beachtlich.
Gitarristen Benjamin Baret und Matt Klavins, Bassist Cygnus und Drummer Dan Presland sind ebenso versierte Musiker, die sehr natürlich zwischen verschiedenen Stilen und Tempos wechseln, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht.
Die Songlänge ist außerdem überdurchschnittlich. Selbst rein instrumentale Interludes sind teilweise über drei Minuten lang - der reguläre Song auf "Citadel" beträgt im Durchschnitt 13 Minuten. Künstlich aufgeblasen klingt trotzdem keiner davon - es klänge eher unnatürlich, wenn die Songs gekürzt worden wären.

Manche Alben grenzen so stark an Perfektion, dass es kaum zu glauben ist. Für gerade einmal das zweite Album einer Band ist "Citadel" mehr als überzeugend, und ich bin mir sicher, dass Ne Obliviscaris mit diesem Tempo, Talent und dieser Leidenschaft die Zukunft des Progressive Metal gehört.

Wertung: 9/10
Highlights: Wyrmholes, Triptych Lux, Blackholes

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen