Die Progressive Metal-Giganten Dream Theater sind in diesem Fall die große Ausnahme, die Band wurde allerdings Mitte der 80er gegründet - James LaBrie würde als aufstrebender Sänger heutzutage im Gegensatz zu damals keine Chance mehr haben.
(Harte Worte müssen auch mal gesprochen werden. Sein Vorteil ist, dass er wie kein anderer in die Band passt.)
Heute werde ich euch drei zur Zeit aktive Prog-Sänger vorstellen, die nicht nur vor sich hin trällern, sondern ihre Bands definieren - ohne sie wären ihre Bands selbst bei so talentierten Instrumentalisten nicht mehr die selben.
Spencer Sotelo (Periphery)
Spencer Sotelo ist mittlerweile ein wichtiges Bestandteil von Periphery geworden, denn er verleiht der Band neben der exzellenten Gitarrenarbeit das gewissen Etwas. Er singt klar und guttural gleichermaßen überzeugend: Als Tenor erreicht er relativ hohe Töne sehr kraftvoll (E5 während der Bridge von "22 Faces" auf "Juggernaut: Alpha") oder auch mal sanfter, macht große Intervallsprünge und gibt seinem Klargesang auch mal eine aggressivere Note. Sein gutturaler Gesang ist niemals eintönig - man hört klar heraus, wie er während eines Atemzugs zwischen den Tonlagen springt: Spencer Sotelo ist eins der besten Beispiele für eine gut ausgebildete Stimme.
Sein jazzig angehauchter Gesangsstil wird von den Fans zunehmend kritisiert - die Band sei zu sehr auf den Gesang konzentriert und würde kommerziell werden. Ich sehe es absolut positiv, dass Spencer als Sänger mehr Freiraum hat. Ein so versierter Sänger sollte sich nicht nur auf einen Stil beschränken. Vor allem gefällt mir an ihm genau eine Sache: Wie er durch seinen Gesang allen vermittelt, dass er seinen Spaß hat und sich absolut um nichts und niemanden schert. Und wenn er Lust drauf hat, hält er eben auch mal ein D#5 für 11 Sekunden lang: Wer kann, der kann.
Für mich ist und bleibt dieser Mann ein stimmliches Phänomen und einer meiner Lieblingssänger.
(C6 bei 3:26)
Mike Lessard (The Contortionist)
Als Neuzugang seit dem letzten The Contortionist-Album "Language" ist Mike Lessard einer dieser Sänger, die eine Band unglaublich aufwerten können und wie kein anderer in diese hineinpassen. (in diesem Fall handelt es sich um musikalisch sehr begabte Nerds) Sehr interessant ist seine Art und Weise, Gesangsharmonien zu kreieren, die seinem Gesang etwas Ätherisches geben und ihn von allen anderen Sängern abheben.
Sein gutturaler Gesang ist etwas ganz Besonderes: Seine Growls klingen kraftvoll und brutal, während auch seine Screams unvorstellbare Höhen erreichen. (Ich habe absolut keine Ahnung, welche Töne das sind! Weit über C6 ganz sicher.)
Mike Lessard ist versiert, hat die nötige Technik dafür, um das Beste aus seiner Stimme zu holen und man kann stets buchstäblich fühlen, was er singt. Dieser Sänger vereint cleanen und gutturalen Gesang wie kein anderer und ist voller Überraschungen. Deswegen möchte ich seine Stimme auch nicht totreden - hört selbst rein.
(krasse Pigsqueals bei 6:15 und 7:45!)
Eric Kalsbeek (ex-Textures)
Geschichtsstunde: 2008 erschien das legendäre Album "Silhouettes" von der damals aufstrebenden Modern Progressive Metal-Band Textures. Dieses Album sollte viele nachfolgende Acts prägen, denn es enthält alles, was man sich nur wünschen kann: Abwechslung, technischen Anspruch, Polyrhythmik und nicht zuletzt ganz viel Emotion, die Sänger Eric Kalsbeek in seiner Stimme trägt. Mich haute er damals mit dem Song "Awake" um und ließ mich buchstäblich mit offenem Mund zurück.
Es ist fast eine Schande, dass dieser Sänger kaum noch aktiv ist und vor allem Textures nicht mehr seine grandiosen Vocals verleiht. Eric Kalsbeek scheint einem fast aus der Seele zu sprechen, während er singt: Er growlt nicht um des Growlen wegen, genauso wie er seinen Klargesang nicht bloß als Lückenfüller einsetzt - er trägt Gefühl in seiner Stimme. Noch dazu liebe ich sein Timbre.
Ich bin fest davon überzeugt, dass es einige Zeit dauern wird, bis es wieder einen Sänger wie er im Progressive Metal geben wird. Die schon erwähnten Sänger Spencer Sotelo und Mike Lessard, selbst sein Textures-Nachfolger Daniel de Jongh, kommen vom Anspruch her gut an ihn heran - sind aber entscheidend verschieden - aber vielleicht ist das auch gut so.
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